Mittwoch, 2. Dezember 2009

Artikel von Dr. Peter Gauweiler in der Abendzeitung vom 1.11.09


Liebe Abendzeitung,

warum ist Deutschland so flach? Deutschland wirkt flach in dem Sinne – schreibt die Neue Zürcher Zeitung -, dass allzu große Unterschiede nicht toleriert werden, betreffe dies Steuern, Gebühren, Verwaltungsregeln oder die Ausstattung mit Infrastruktur. Das müssen wir jetzt angehen. Den Wähler, der der Bundestagswahl die entscheidende Wendung gegeben hat, nannte die Süddeutsche Zeitung zu Recht den „Wirtschaftswähler“. Das sind Leute aus allen Schichten, die nicht automatisch mehr als die Hälfte ihres Bruttoeinkommens für Steuern und Abgaben an den großen Moloch Staat abgeben wollen.


Die Rolle Bayerns im wiedervereinigten Deutschland ist in Bezug auf die Finanzen vergleichbar mit der Rolle Deutschlands in der EU. Sie müssen zahlen. Aber: Der „Aufbau Ost“ ist abgeschlossen – Bayern muss jetzt etwas gegen den „Abbau Süd“ unternehmen. Dafür sollten die Steuern regionalisiert werden. Wir sollten den Länderfinanzausgleich in seiner jetzigen Form, wo nur Hessen, Baden-Württemberg und Bayern zahlen, nicht mehr akzeptieren. Und den Solidarzuschlag auch nicht mehr. Wir können keine Wirtschaft auf Dauer erfolgreich zu uns herholen oder behalten, wenn der Wirtschaftstreibende in Rosenheim über 30 % mehr Steuern zahlen muss als in Salzburg. Und das geht alles nur mit mehr Selbständigkeit und mehr politischer Emanzipation.


Ihr Peter Gauweiler

Mittwoch, 1. Juli 2009

Grundgesetz *23. Mai 1949 †31.Dezember 2009

Auszug eines lesenswerten Artikels auf MMnews.de:

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt schlimmste Befürchtungen. Genau wie zu erwarten war: Ablehnung der Klagen - mit einer kleinen aber juristisch "heilbaren" Einschränkung - sozusagen das "Zuckerl" für die kritische Öffentlichkeit. Und das juristische Feigenblatt, um den Rechtsstaat wenigstens noch zu heucheln. Dies ist zugleich das erwartete Zugeständnis ("Ja, aber...") an die Kläger, das den EUliten nicht wirklich weh tun wird.
Die Einschränkung, die das BVG gemacht hat, betrifft die offensichtlich auch mit noch so perfiden juristischen Verrenkungen nicht wegzudiskutierende Verfassungswidrigkeit der Selbstentmachtung des Bundestags in der Frage der Entscheidungsgewalt bei Verteidigungs- und Kriegsfragen. Zudem wurde die Übertragung der sog. "Kompetenz-Kompetenz" an die EU gestrichen, was in der Praxis aber eher ein symbolisches Zugeständnis ist.

Der Bundestag muss nun noch einige gesetzlichen Ergänzungen machen, bevor die Ratifikationsurkunde hinterlegt werden kann. Der vorsitzende Richter Voßkuhle selbst (!) hat aber direkt und offensichtlich für die Kameras / die Öffentlichkeit ausgeführt, dass "der Senat zuversichtlich" sei, dass dies "zügig geschehen" könne.
Solche Kommentare haben in einer Urteilsbegründung natürlich nichts verloren. Damit kapiert aber nun auch der letzte mithörende Journalist, dass alles noch 2009 klappt und der Vertrag nun (falls die Iren nicht noch "No" sagen) zum 1.1.2010 in kraft treten kann. Um INHALTLICHE Bedenken der Kläger muss er sich nun nicht mehr kümmern und kann das morgen so ins Blatt schreiben.
Weiter geht es hier.

Mittwoch, 10. Juni 2009

Kritik am staatlichen Papiergeldsystem

Thorsten Polleit kritisiert in einem Interview mit dem Handelsblatt das Geldsystem und macht es für die Wirtschaftskrise verantwortlich:


Währungsgeschichtlich betrachtet ist das staatliche Papiergeldsystem nicht der Normalfall, und es ist ganz sicher auch kein fortschrittliches System. Verlässliches Geld war meist mit einem Sachwert, vor allem Silber und Gold, gedeckt. Ich denke, diese Erfahrung wird sich als zukunftsweisend erweisen für die weitere Entwicklung des Geldsystems. Als Ökonom ist zu sagen: Wer gutes Geld fordert, also Geld, das vereinbar ist mit einer freiheitlichen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, und das nicht fortwährend Finanz- und Wirtschaftskrisen verursacht, weil es eben nicht beliebig vermehrbar ist, der fordert im Kern ein freies Marktgeld, und das bedeutet "Free-Banking".

Montag, 8. Juni 2009

Ist Wählen moralisch vertretbar?

Anlässlich der Europawahlen, welche letzte Woche in den EU-Mitgliedsstaaten stattfanden, möchte ich hier ein Zitat von Lysander Spooner zum Thema Wählen aus seinem Werk "No Treason" anführen:

"In Wahrheit kann die Wahlbeteiligung nicht als Beweis der Zustimmung angesehen werden. [...] Im Gegenteil, es muß bedacht werden, daß ein Mensch sich, ohne daß seine Zustimmung erfragt worden wäre, sich von einer Regierung umringt findet, der er nicht widerstehen kann; einer Regierung, die ihn zwingt, unter Androhung schwerer Strafen Geld zu zahlen, Dienste zu erbringen und auf die Ausübung vieler seiner natürlichen Rechte zu verzichten. Er sieht auch, daß andere Menschen diese Tyrannei durch den Gebrauch der Wahlurne über ihn praktizieren. Er sieht ferner, daß er, wenn er die Wahlurne selber benutzt, einige Chancen hat, sich von der Tyrannei durch andere zu befreien, indem er sie seiner eigenen unterwirft. Kurz, er findet sich ohne seine Zustimmung in einer Situation, wo er Herrscher werden kann, wenn er die Wahlurne benutzt, und wo er Sklave werden muß, wenn er sie nicht benutzt. Er hat keine andere Alternative als diese beiden. In einem Akt der Selbstverteidigung versucht er die erstere.

Sein Fall ist analog zu dem eines Menschen, der in eine Schlacht gezwungen wurde, wo er entweder andere töten muß oder selber getötet wird. Daraus, daß ein Mensch das Leben seiner Gegner nimmt, um sein eigenes Leben in der Schlacht zu retten, kann nicht geschlossen werden, dass er diese Schlacht selber gesucht hat. [...] Infolgedessen sind [gewählte Regierungsamtsträger] weder unsere Diener, Agenten, Anwälte oder Repräsentanten [...] (denn) wir übernehmen für ihre Handlungen keine Verantwortung.

Wenn ein Mensch mein Diener, Agent oder Anwalt ist, bin ich im Rahmen der ihm von mir übertragenen Vollmacht notwendigerweise verantwortlich für alle seine Handlungen. Wenn ich ihm, als meinem Agenten, entweder absolute oder irgendeine Macht über Personen oder Besitztümer anderer Menschen als mir selbst übertragen habe, bin ich dadurch notwendigerweise gegenüber diesen Personen verantwortlich für jeden Schaden, den er ihnen zugefügt hat, solange er innerhalb des Rahmens der Machtbefugnis wirkt, die ich ihm gewährt habe. Kein Individuum jedoch, das in seiner Person oder seinem Eigentum durch Handlungen des Kongresses geschädigt worden sein mag, kann sich an die individuellen Wähler wenden und sie für diese Handlungen ihrer so genannten Agenten oder Repräsentanten zur Verantwortung ziehen. Diese Tatsache beweist, daß diese anmaßenden Agenten des Volkes - von uns allen - in Wirklichkeit die Agenten von niemanden sind."

Samstag, 6. Juni 2009

Virtuelle Bezirke

Der Fall Island ist ein beliebtes Modell unter libertären Verfechtern des Marktanarchismus. Aber es ist wichtig zu sehen, dass er auch Gestaltern von Regierungen wertvolle Lektionen bietet. Innerhalb des Rahmens eines Staates ist die Trennung von politischem Bezirk und geographischem Ort keine Option auf nationaler Ebene; aber es bleibt eine sehr lebendige Option auf lokaler Ebene. Genauso wie eine Nation zum Zwecke lokaler Verwaltung und nationaler Repräsentation in viele kleine verschiedene geographische Bezirke geteilt werden kann, so kann sie auch in analoge politische Einheiten, welche keine territoriale Bedeutung haben, geteilt werden. Diese könnte man "Virtuelle Bezirke" nennen.

Freitag, 1. Mai 2009

Wer ist hier der Scrooge? Libertäre und Mitgefühl

»An diesem festlichen Tage des Jahres, Mr. Scrooge,« sagte der Herr, eine Feder ergreifend, »ist es mehr als gewöhnlich wünschenswert, einigermaßen wenigstens für die Armut zu sorgen, die zu dieser Zeit in großer Bedrängnis ist. Vielen Tausenden fehlen selbst die notwendigsten Bedürfnisse, Hunderttausenden die notdürftigsten Bequemlichkeiten des
Lebens.«

»Giebt es keine Gefängnisse?« fragte Scrooge.

»Ueberfluß von Gefängnissen,« sagte der Herr, die Feder wieder hinlegend.

»Und die Union-Armenhäuser?« fragte Scrooge. »Bestehen sie noch?«

»Allerdings. Aber doch,« antwortete der Herr, »wünschte ich, sie brauchten weniger in Anspruch genommen zu werden.«

»Tretmühle und Armengesetz sind in voller Kraft,« sagte Scrooge.

»Beide haben alle Hände voll zu thun.«

»So? Nach dem, was Sie zuerst sagten, fürchtete ich, es halte sie etwas in ihrem nützlichen Laufe auf,« sagte Scrooge. »Ich freue mich, das zu hören.«

»In der Ueberzeugung, daß sie doch wohl kaum fähig sind, der Seele oder dem Leib der Armen christliche Stärkung zu geben,« antwortete der Herr, »sind einige von uns zur Veranstaltung einer Sammlung zusammengetreten, um für die Armen Nahrungsmittel und Feuerung anzuschaffen. Wir wählen diese Zeit, weil sie vor allen andern eine Zeit ist, wo der Mangel am
bittersten gefühlt wird und der Reiche sich freut. Welche Summe soll ich für Sie aufschreiben?«

»Nichts,« antwortete Scrooge.

»Sie wünschen ungenannt zu bleiben?«

»Ich wünsche, daß man mich zufrieden lasse,« sagte Scrooge. »Da Sie mich fragen, was ich wünsche, meine Herren, so ist das meine Antwort. Ich freue mich selbst nicht zu Weihnachten und habe nicht die Mittel, mit meinem Gelde Faulenzern Freude zu machen. Ich trage meinen Teil zu den Anstalten bei, die ich genannt habe; sie kosten genug, und wem es schlecht geht, der mag dorthin gehen!«

»Viele können nicht hingehen und viele würden lieber sterben.«

»Wenn sie lieber sterben würden,« sagte Scrooge, »so wäre es gut, wenn sie es thäten, und die überflüssige Bevölkerung verminderten. [...]Es genügt, wenn ein Mann sein eigenes Geschäft versteht und sich nicht in das anderer Leute mischt. Das meinige nimmt meine ganze Zeit in Anspruch. Guten Nachmittag, meine Herren!«

— Charles Dickens, A Christmas Carol.


Viele Kritiker des Liberalismus sind der Meinung, dass das vorangehende Porträt von Scrooge die liberale Einstellung den Armen gegenüber perfekt beschreibt: "Ich kümmere mich um meinen eigenen Kram; sollen die sich um ihren kümmern. Wenn sie sich nicht selbst versorgen können, so müssen sie eben hungern."

Wir Liberale wissen es natürlich besser. Dennoch neigen selbst wir nur allzu oft dazu, uns die Rolle des knickerigen Scrooge zuschieben zu lassen und einzugestehen, dass das Wesen des Liberalismus eine gewisse Bedeutungsminderung des Mitleids oder Mitgefühls miteinschließt. Dies ist ein Fehler und schadet uns nicht nur bei dem Versuch neue Anhänger für den Liberalismus zu gewinnen, sondern auch dabei, uns die Ordnung einer freien Gesellschaft vorzustellen und zu formulieren.

Die Vorstellung, dass Liberalismus und Mitgefühl sich widersprechen ist falsch aus folgenden drei Gründen. Erstens setzt sie voraus, dass sich Liberale stets eher unter den Wohlhabenden, als unter potentiellen Empfängern des Mitgefühls finden lassen. Der Liberale , so die gängige Darstellung, würde immer eher so argumentieren : " Ich sollte nicht gezwungen sein, dir zu helfen," und nicht, "Du solltest nicht gezwungen sein, mir zu helfen." Jedoch sagen Liberale natürlich beides. Anzunehmen, dass die Ablehnung des Wohlfahrtsstaates einen Mangel an Mitgefühl bekundet, bedeutet anzunehmen Liberale seien immer wohl situiert und nur auf
der Suche nach einer Entschuldigung um keine Almosen zu geben oder keine Steuern zahlen zu müssen; in Wahrheit finden sich Liberale in jeder ökonomischen Schicht. Es gibt Liberale die Multimillionäre sind; und es gibt Liberale die dich nicht wissen wo sie ihre nächste Mahlzeit auftreiben. Viele Liberale sind lieber dazu bereit ernsthafte Not zu erdulden, als den Gewinn
von Vorteilen zu erstreben, welche ihrer Meinung durch Zwang entstanden. Die marxistische Sicht des Libertarismus als eine Rationalisierung ökonomischer Interessen der kapitalistischen Klasse entspricht nicht der Realität. Die "kapitalistische Herrscherklasse" nimmt viel wahrscheinlicher Einfluss auf Berlin um spezielle Begünstigungen, protektionistische Gesetzgebung und Monopolstellung zu erhalten, während ihre libertären Nachbarn sich abmühen um über die Runden zu kommen.

Großzügigkeit vs. Gerechtigkeit

Aber noch mal, mal angenommen es wäre wahr, dass alle Libertären reich sind. Würde sich daraus ergeben, dass die libertäre Ablehnung des Wohlfahrtsstaates in Konflikt steht mit den Werten wie Mitgefühl und Großzügigkeit? Nein. Zunächst einmal ist der Libertarismus keine umfassende Moraltheorie; er ist einfach nur eine Theorie der Gerechtigkeit- eine Theorie bei der es darum geht welche Rechte Leute haben. Großzügigkeit ist die Tugend das zu geben, was wir auch rechtmäßig einbehalten können; Gerechtigkeit ist die Tugend das zu geben, was wir nicht rechtmäßig einbehalten können. Daher sagt der Libertarismus auch nichts über Großzügigkeit oder darüber, was sie von uns fordert. Den Libertarismus dafür zu tadeln, dass er sich nicht
mit Großzügigkeit beschäftigt, ist wie die Physik dafür zu tadeln, dass sie nichts über Säugetiere sagt.

Ein Libertärer mag mit perfekter Konsequenz sagen, dass Großzügigkeit von den Reichen verlangt den Armen zu geben -kann aber im selben Atemzug sagen, dass Gerechtigkeit von den Armen, oder ihren Advokaten, verlangt, es zu unterlassen, sich den Besitz der Reichen ohne deren Einverständnis zu nehmen. Deshalb müssen Libertäre lange nicht geizig oder knausrig sein. (Wenn Arme tatsächlich ein Recht auf den überschüssigen Besitz der Reichen hätten, dann wäre der Libertarismus, da er das bestreitet, zwar ungerecht-allerdings immer noch nicht knausrig.)

Oder ist die Klage, dass Libertäre dabei geizig sind Rechte zu verteilen- dass also wenn sie wirklich großzügig wären, sie den Armen das Recht auf Wohlfahrt einfach "geben" würden? Aber das scheint vorauszusetzen, dass Rechte eine Sache gesellschaftlicher Übereinkunft sind. Wenn das wahr wäre, dann wäre jede gesellschaftliche Übereinkunft, auch der Nationalsozialismus, automatisch gerecht solange genügend Leute sie akzeptieren. Dies erscheint absurd. Deshalb müssen Rechte sachlich sein und durch moralische Schlussfolgerungen entdeckt werden. Und nicht in größeren oder kleineren Mengen "erteilt" werden, je nachdem ob der Erteilende großzügig oder geizig ist.

Es ist wahr, dass Libertäre es ablehnen mit dem Geld anderer Leute "großzügig" zu sein; aber was auch immer man für oder gegen die Bereitschaft den Besitz anderer Leute eher zu opfern als seinen eigenen anbringen mag, "Großzügigkeit" scheint ein denkbar schlechter Begriff dafür zu sein.

Der Staat vs. die Armen

Aber nun mal angenommen, es wäre korrekt ein Recht als Gegenstand der Verteilung anzusehen, welches man auf der Basis von Großzügigkeit und Mitgefühl aushändigt. Würde der Libertarismus dann als knausrig dastehen? Auch hier: Nein. Das großzügigste und mitfühlendste Rechtssystem würde vermutlich eines sein, das das Los der Armen und Unglücklichen am meisten verbessert. Kritiker des Libertarismus -und allzu oft auch Libertäre selbst- glauben, dass Sozialhilfe im Interesse der Armen sei, und dass der Libertarismus von den Armen verlangt dieses Interesse im Namen der Eigentumsrechte zu opfern.

Aber ist die Sozialhilfe, Wohlfahrt etc. tatsächlich im Interesse der Armen? Die Armen brauchen Hilfe, klar; aber brauchen sie das Recht auf Sozialhilfe? Eine hungrige Person braucht etwas zu essen; und man kann kein Recht auf Nahrung essen. Auf Grund von Großzügigkeit und Mitgefühl ist daher ein System, welches zwar ein Recht auf Nahrung garantiert, aber nicht gerade erfolgreich darin ist die eigentliche Nahrung auch bereitzustellen, sicherlich weniger wünschenswert als ein System, welches Nahrung verlässlich bereitstellt aber kein Recht auf Nahrung anerkennt. Nur der Glaube an die Allmacht von Zwangslösungen und an das Unvermögen von Lösungen auf freiwilliger Basis könnte die Annahme, dass das Recht auf Sozialhilfe notwendig und ausreichend für Hilfe und Wohlfahrt im eigentlichen Sinn ist, rechtfertigen.

In Wahrheit ist die Situation genau umgekehrt; es ist das Zwangssystem der erzwungenen Großzügigkeit, das die Armen arm hält- während das libertäre System der freiwilligen Kooperation, ohne irgendwelche Wohlfahrtsrechte, ein effizienteres und gütigeres Wohlfahrtssystem ist, als es sich ein Sozialist jemals erträumen könnte.

Die Hauptursache von Armut sind staatliche Regulierungen, die die Armen gesetzlich davon abhalten ihre Bedingungen zu verbessern. Mindestlohngesetze erhöhen die Kosten von Unternehmen ungelernte Angestellte einzustellen, und vermindert somit das Angebot solcher Jobs, was wiederum Arbeitlosigkeit nach sich zieht. Mieterschutzgesetze erhöhen die Kosten für Vermieter Wohnungen bereitzustellen, und vermindern damit das Angebot von Wohnmöglichkeiten, was Obdachlosigkeit fördert. Zulassungsgesetze, Baubeschränkungen in einer Zone und andere Vorschriften machen es für arme Leute fast unmöglich ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Zwei Beispiele: dunkelhäutige Teenager in den USA wurden strafrechtlich verfolgt, weil sie Haare flochten ohne eine Kosmetikerausbildung zu haben; und in vielen Städten kosten Taxilizenzen um die 50 000 €. Solche low-capital Unternehmen wie
das Haare Flechten und der Taxiservice sind die natürliche Möglichkeit für Leute mit wenig Mitteln, Geld zu verdienen und Unabhängigkeit zu erlangen; aber die Macht des Staates durch Zwangsausübung verhindert dies.

All diese Gesetze tragen zusammen dazu bei, ob beabsichtigt oder nicht, die Bessergestellten in ihren momentanen Positionen festzusetzen, indem sie die Armen in ihrer Armut untenhalten und diese davon abhalten wettbewerbsfähig zu sein. (Ähnliche Prinzipien lassen sich auch auf höherer ökonomischer Ebene anwenden, da Steuergesetze und wirtschaftliche Regulierungen die Macht großer Unternehmen festigen, indem sie diese vom Wettbewerb kleinerer Firmen abschirmen- was im Übrigen auch dazu beiträgt, dass diese Unternehmen sich zu schwerfälligen, hierarchischen und ineffizienten Monolithen entwickeln.)

Die Marxisten hatten Recht in ihrem Glauben, dass die moderne Gesellschaft durch Machtbeziehungen charakterisiert ist, welche die Unterschicht systematisch arm machen, während die Macht der Reichen erhöht wird. Ihr Fehler jedoch, lag darin den Kapitalismus als den Schuldigen auszumachen. Adam Smith, ein aufmerksamerer Gesellschaftskritiker als Marx, erkannte, dass Kapitalisten sehr wohl die obersten Feinde des Kapitalismus sein könnten. Die Reichen ziehen es oft vor, sich besondere staatliche Privilegien zu erkaufen als sich dem Wettbewerb des freien Marktes zu stellen. (Die aktuelle Debatte über die Agrarmarktpolitik ignoriert die Tatsache, dass das Meiste der Agrarsubventionen an riesige Agrarindustriekonglomerate geht und nicht etwa an Familienbetriebe.)

In der Tat vergrößert der Staat die Macht der Reichen. Angenommen ich bin ein teuflischer Milliardär und möchte ein bestimmtes Ziel X erreichen, was mich 1 Million Euro kostet. In einem System der freien Marktwirtschaft muss ich eine Million Euro von meinem eigenen Geld aufbringen um mein Ziel zu erreichen. Aber wenn es eine mächtige Regierung gibt, kann ich (direkt oder indirekt) ein paar Politiker mit wenigen tausend Euros bestechen um mein 1 Millionen Euro-Ziel X zu erreichen. Da die Politiker X mit Steuergeldern bezahlen und nicht mit ihrem eigenen Geld, verlieren sie nichts bei diesem Geschäft.

Staatliche Regulierung -in seinen Auswirkungen, unabhängig von den Intentionen- ist Robin Hood in umgekehrter Form: sie stiehlt von den Armen und gibt es den Reichen.
Eines der schlimmsten Beispiele dafür ist Inflation, verursacht durch die staatliche Manipulation. Die Zunahme im Angebot des Geldes führt zu einer Erhöhung von Preisen und Löhnen -aber nicht sofort. Es gibt eine zeitliche Verzögerung während die Auswirkungen der Geldmengenexpansion nach außen durch die Wirtschaft strahlen. Die Reichen . d.h. Banken, und diejenigen an die Banken verleihen- bekommen das neue Geld zuerst, bevor die Preise steigen. Sie profitieren systematisch, weil sie ihr neues Geld ausgeben können bevor die Preise steigen um die Geldmengenausweitung zu reflektieren. Die Armen dagegen kommen systematisch schlecht weg, da sie das neue Geld zuletzt erhalten und so die höheren Preise hinnehmen müssen bevor sie höhere Gehälter kriegen. Überdies erzeugen die ungleichmäßigen Auswirkungen der Geldmengenexpansion künstliche Booms und Wirtschaftskrisen, da unterschiedliche Wirtschaftssektoren vorübergehend durch den frühen Erhalt des neuen Geldes stimuliert werden, was zu Überinvestments anregt, die Pleite gehen, sobald sich die Booms als illusorisch herausstellen. Die Arbeitslosigkeit, die durch diese Fehlleitung verursacht wird, trifft die Armen am allermeisten.

"Nun gut, vielleicht wäre es in einer libertären Gesellschaft leichter für die armen Leute, sich aus der Armut zu befreien; aber wie wird ihnen geholfen während sie das tun, wenn es keine Sozialhilfeprogramme gibt? Die Antwort lautet, dass Sozialhilfeprogramme nicht aufhören zu existieren; sie sind nur privatisiert. Wenn man Beschreibungen entscheidender Einrichtungen einer freien Gesellschaft formuliert, darf man nicht vergessen (was Etatisten sicher tun würden), dass nicht alle diese Einrichtungen im Gesetz festgeschrieben sein müssen.

Private Wohltätigkeit ist schlicht und ergreifend effizienter als staatliche Wohlfahrt, weil ineffiziente Wohltätigkeitsorganisationen schlechte Publicity bekommen und Spenden an konkurrierende Organisationen verlieren, wohingegen ineffiziente Regierungsprogramme ihre Einkünfte gewaltsam kassieren und somit nicht dem Markt unterworfen sind, was dazu führt, dass das meiste der Staatseinkünfte für Unkosten draufgeht.

Nicht nur würde in einem libertären Wohlfahrtssystem ein höherer Prozentsatz des für Wohlfahrtszwecke ausgegebenen Betrages die Armen auch tatsächlich erreichen, sondern auch der ursprüngliche Betrag selbst würde vermutlich höher sein. Warum? Weil denjenigen, die spenden, mehr Geld zur Verfügung stehen würde, als Ergebnis einer freieren und folglich florierenden Wirtschaft, höherer Beschäftigung und keiner Besteuerung. (Weil Staatsmonopole mit Zugang zu Steuereinkünften keinen Ansporn haben Kosten zu senken, kostet alles, was die Regierung mit Steuern bezahlt, viel mehr, als es kosten würde wenn Privatpersonen und private Organisationen, von ihrem eigenen Geld, die gleichen Sachen selbst bezahlen müssten.)

Somit hätten die Leute mehr Geld um den Armen zu geben und von ihrem gespendeten Betrag würde auch noch mehr die Armen tatsächlich erreichen. Ferner gäbe es von vornherein weniger arme Leute, die das Geld überhaupt brauchen, aus bereits genannten Gründen. Folglich würden, in Abwesenheit von staatlicher Regulierung und Umverteilung, verhältnismäßig größere Stücke eines absolut größeren Kuchens an absolut weniger arme Leute gehen. Eine freie Gesellschaft würde eine praktische Elimination der Armut nach sich ziehen.

"Giebt es keine Gefängnisse?"

Betrachten wir nun noch einmal unseren Freund Scrooge, und was er in der obigen Textpassage zum Besten brachte. Scrooge kann mit privaten und freiwilligen Formen von Wohltätigkeit nichts anfangen. Seine Lösungen für das Armutsproblem sind allesamt staatliche Lösungen: Gefängnisse, mit ihrer Zwangsarbeit (der Tretmühle), und staatliche Wohlfahrt (das Armengesetz), mit ihren Union-Armenhäusern. Der Einwand seines Besuchers, dass all diese Lösungen bestenfalls ineffizient und schlimmstenfalls bösartig sind, stößt auf taube Ohren; Scrooge betrachtet staatliche Lösungen als ausreichend und lehnt private Wohltätigkeit als Zeitverschwendung ab.

Und dieser Bursche soll der Archetyp des Libertarismus sein? Wohl kaum. Aber Scrooge's Einstellung den Armen gegenüber veranschaulicht in der Tat eine bestimmte Ideologie. Sie nennt sich Etatismus. Und davon haben wir genug.

Dienstag, 21. April 2009

Ron Paul über Sezession