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Freitag, 30. Mai 2008

Der Fall Island

Dieser Beitrag knüpft an diese beiden Artikel an, die man vorher gelesen haben sollte.

Für die in diesen Beiträgen erwähnten Ideen gibt es ein Anzahl an geschichtlichen Beispielen. Um ein berühmtes Beispiel handelt es sich beim Isländischen Freistaat (930-1262), welcher sich des Thing-Systems bediente. Ein Thing war eine Art Gericht. Die Nationale gesetzgebende Versammlung, zusammen mit der Rechtsprechung, wurde All-thing genannt. Diesem unterstanden vier Viertel-Things, gemäß den vier geographischen Regionen Islands. Aber dort endete bereits die Koppelung von politischem Bezirk und geographischem Ort.

Unter jedem Viertel-Thing gab es vier oder drei Varthings. Jedem dieser Varthings waren wiederum drei Thing zugeordnet. Die Bewohner eines Viertels konnten frei die Mitgliedschaft zwischen jeder neun oder zwölf Things (über die Varthings) auswählen, die ihrem Viertel-Thing zugehörten. Die Mitgliedschaft in einem Thing entschied, wer der Gode, eine Art Häuptling, war. Ein Gode beschützte sein Thingleute gegen örtliche Bedrohungen, ernannte Richter seines Things um der Rechtsprechung dienlich zu sein und vertrat seine Leute in der nationalen gesetzgebenden Körperschaft. Zum Ausgleich zahlten die Thingleute eines Goden ihm einen Lohn und taten ihm verschiedene Gefallen. Man konnte seine Mitgliedschaft offiziell von einem Thing zu einem anderen wechseln, indem man einfach eine entsprechende Bekanntgabe vor Zeugen machte. Da die Kosten eines solchen Wechsel viel geringer waren, als sie sie es gewesen wären, wenn es sich bei Things um rein territoriale Einheiten gahndelt hätte, bremste der Wettbewerb die Möglichkeiten eines Goden zu sehr zu unterdrücken oder unangemessene Gefallen oder Tribute zu verlangen.

Es scheint dieses dezentralisierte System ein ziemlich effektives gewesen zu sein. Der Isländische Freistaat unterlag schließlich der Zentralisierung (und auch nur wegen norwegischem Imperialismus), aber es dauerte knapp 300 Jahre; die Vereinigten Staaten brauchten da weit weniger Zeit.

Zu diesem Thema empfehle ich diese Abhandlung über den Isländischen Freistaat.

Montag, 12. Mai 2008

Europa -Ein Gegenmodell zur EU

Wie ich neulich schon schrieb, bin ich mit dem europäischen Einigungsprozess, wie er momentan abläuft, unzufrieden. Denn nur der Pluralismus ist der Freiheit zuträglich. Wie aber könnte er in Europa verwirklicht werden? Wie würde das aussehen?

Ich selbst bin ein Befürworter des Schweizer Kantonsystems. Aber kann das Schweizer Modell noch verbessert werden? Ich denke schon.

Die Wirksamkeit des Wettbewerbs unter politischen Bezirken ist umgekehrt proportional zu den Kosten, die ein Bezirkswechsel erfordert. Bayern z.B. sieht sich starkem Wettbewerb mit Baden-Württemberg und Österreich ausgesetzt. Dagegen besteht kaum Wettbewerb zwischen Bayern und Schleswig-Holstein, da die Kosten "mit den Füßen zu wählen" im zweiten Fall viel höher sind.(Das lässt sich auch auf die internationale Ebene übertragen: Flüchtlinge fliehen immer in ein nahe gelegenes Land, z.B. Cubaner in die USA und nicht etwa in die Schweiz) Und selbst wenn der alternative Bezirk ganz nahe liegt, sind die Kosten des Wechsels (faktisch: Umzug) nicht gerade gering. Sich selbst und möglicherweise auch seine Familie zu entwurzeln, um in ein anderes Land zu ziehen, kann teuer sein, sowohl in finanzieller als auch in emotionaler Hinsicht.

Die hohen Kosten eines Bezirkswechsels resultieren also daraus, dass politische Bezirke und geographische Orte sich decken. Und Ortswechsel sind nicht immer gerade machbar. Dennoch dient ein dezentralisiertes System als eine effektive Kontrolle des Wachstums der Macht eines Staates in dem Maße, dass die Wechselkosten niedrig sind. Es erscheint daher wünschenswert politische Bezirke und geographische Orte zu "entkoppeln".

David Friedman schreibt in "Das Räderwerk der Freiheit":

Angenommen (...) die Kosten für einen Umzug von einem Land in ein anderes wären Null. Jeder lebt in einem Wohnmobil und spricht die selbe Sprache. An einem Tag kündigt der Präsident von Frankreich an, dass wegen Problemen mit den Nachbarländern neue Steuern erhoben und die Wehrpflicht in Kürze eingeführt werde. Am nächsten Morgen stellt der Präsident fest, ein friedliches, aber verlassenes Land zu regieren, und die Bevölkerung wird auf ihn selbst, drei Generäle und vierundzwanzig Kriegsreporter reduziert sein."


Wenn die Leute einen politischen Bezirkswechsel durchführen könnten, ohne dabei gleichzeitig den Ort zu wechseln, hätte man das praktische Gegenstück zu Friedmans Vision. Der Wettbewerb unter den politischen Bezirken wäre ungleich höher, und das Maß an Staatseinmischung das die Leute tolerieren würden ohne zu wechseln wäre ungleich niedriger, als in einem politischem System in dem politischer Bezirk und geographische Lage miteinander verbunden sind.

Wenn es gelingen würde ein solches System in Europa zu etablieren, wäre den Menschen mehr geholfen, als mit einer Brüsseler Zentralregierung, die sie entmündigt.